Von Leidenschaft zu sprechen, war vielleicht nicht angemessen, nein,
ihre Gefühle schlugen eher ins Gegenteil um, in den Hass. Angewidert
drehte sie die Leiche um. Mit raschen Bewegungen durchwühlte sie seine
Taschen, dann drehte sie sich um und sagte mit bewegungsloser Miene zu
dem Mann, der an der Tür stand: „Nichts. Lax wird ihn wohl schon gefilzt
haben.“ „Lax? Der liegt doch da, wurde überrumpelt. Er hatte den Knoten
zu leicht gebunden.“, antwortete dieser. „Wie oft habe ich ihm schon
gesagt, er soll einen Knotenkurs belegen! Aber er meinte, er brauche das
nicht. Spinner.“, grummelte sie wütend. „Aber aber! Man wird doch nicht
wütend werden! Wir müssen mit kühlem Kopf und klarem Verstand an die
Sache rangehen, sonst übersehen wir womöglich noch etwas, und dann ist
der Boss genauso wütend auf uns wie auf Lax.“, ermahnte der Mann sie und
ging mit festen, hallenden Schritten zu dem Toten. Verächtlich stupste
er ihn mit dem Fuß an. „Das ist er also. Der legendäre Posten 17a. Ich
hätte es wissen müssen. Kurt Machr.“ „Was!? Du kennst ihn?“, fragte sie
erstaunt. „Aber natürlich. Wir arbeiten zusammen im Büro. Ich hielt ihn
immer für einen Waschlappen, einen Warmduscher, einen Weichling, doch
dies beweist etwas ganz anderes. Er ist also einer von den „Schützern.“
Und er will also helfen, uns aufzuhalten. Schade. Er war ganz nett.
War.“ „Du sagst es. War.“, schnaubte sie verächtlich,. „Also, was
würdest du sagen? Wenn hier nichts mehr zu tun ist, müssen wir zum Chef.
Er will unseren Bericht hören.“ „Erst mal müssen wir uns um Lax kümmern.
Er muss wieder gut in Form sein, um seinen Fehler wieder auszubügeln.“,
antwortete er. „Gut…rufen wir einen Krankenwagen und schaffen die
Leiche hier weg. Ich lege Lax im Flur auf den Boden, dann fällt es nicht
auf. Versteckst du Kurt?“ „OK.“ Während sie den Bewusstlosen in den Flur
schaffte, versteckte er die Leiche unter der Treppe im Flur. Dann nahm
sie einen Stein, legte ihn neben den Kopf des Bewusstlosen und ging zur
Tür. Er wartete schon dort. Mit schnellen, gradlinigen Schritten gingen
sie die menschenleere Straße entlang. „Und? Bist du dabei,
aufzusteigen?“, fragte sie. „Ja. Der Chef ist ganz begeistert von mir.
Kann sein, dass ich bald schon einen ganzen Einsatz mit ’ner Mannschaft
leite.“, antwortete er mit leichtem Stolz in der Stimme. „Aha. So so.“
Der leicht gefährliche Unterton in ihrer Stimme fiel ihm nicht auf.
Langsam zog sie ihre Hand aus der Jackentasche. „Ich glaube nicht, dass
du so bald aufsteigen wirst.“, knurrte sie. Und dann kam das glänzende
Metall in ihrer Hand zum Vorschein. „Mex! Was hat das zu bedeuten?
Arbeitest du etwa für die anderen?“, schrie er entsetzt. „Nein. Ich will
nur meine Konkurrenz aus dem Weg räumen.“, sagte sie, ihre Stimme war so
kalt wie Eis. Er wusste, was jetzt bevorstand. Er wusste, dass er jetzt
sterben würde. Und er wusste auch, dass es schnell gehen würde. „Drück
schon ab.“, flüsterte er, die Augen geschlossen. Sie drückte ab.