Altes von Herrn Moppelmann findet ihr hier.
Heinz Werner war zu ungewohnt später Stunde am Sonntagmorgen aufgestanden. Während er in Ruhe einen starken Kaffee genoss, ließ er den vergangenen Abend noch einmal Revue passieren. Er kam recht schnell zu einem abschließenden Urteil: suboptimal. Nein, auch wenn er gut erzogen war, er würde nicht bei Sibylle anrufen und sich der Form halber für den Abend bedanken. Das wäre ein Anknüpfungspunkt und er wollte sich weitere Peinlichkeiten ersparen.
Nun, was sollte er anfangen mit diesem Sonntag, der sich momentan düster, grau und regnerisch präsentierte? Während er in Gedanken anfing zu planen, klingelte das Telefon. Am anderen Ende der Leitung war Frau Moppelmann Senior, die wie jeden Morgen nach einem ausgiebigen Frühstück ihr Morgenzigarettchen im Wintergarten genoss. Eine Zigarette pro Tag, da hatte selbst ihr Internist nichts gegen, wohl aber ihr Mann. Die alte Dame hätte sich selbst nie und nimmer als neugierig bezeichnet, sie wollte einfach nur gut informiert sein, besonders wenn es um ihren Sohn ging. So hatte sie immer wieder auf die Uhr geschaut, um endlich gegen elf Uhr bei Heinz Werner anzurufen.
„Und? Wie war es gestern?“, kam sie schnell zur Sache. „War es nett? Habt ihr euch gut unterhalten? Na, bestimmt, Sibylle ist eine so aufgeschlossene und lebendige junge Frau…“
„Ja, Mutter, es war ganz nett“, unterbrach er sie, „und damit du dir keine weiteren Illusionen machst: Das Beste am gestrigen Abend war das Essen und der Wein.“
„Ach, das kann ich mir gar nicht vorstellen. Wo doch Sibylle…“
„Mutter, du kannst dir ganz viel nicht vorstellen, lass es gut sein.“
„Ihr trefft euch also nicht wieder? Das ist schade, wo doch Sibylle…“
„Mutter, ich respektiere deine Sympathien bezüglich Sibylle und zweifle auch ihre Kompetenz als Physiotherapeutin nicht an, aber das war das letzte Mal, dass ich auf deine Vermittlungsversuche hereingefallen bin.“
„Vermittlungsversuche, meine Güte, ich habe es doch nur gut gemeint…“
„Ja, Mutter. Du meinst es diesbezüglich leider zu gut. Ich habe zu arbeiten. Hab einen schönen Sonntag.“
„Wie? Dann kommst du nicht zum Mittagessen? Vater würde sich so freuen…“
„Nein, ich werde nicht kommen. Grüß ihn bitte von mir. Tschüß.“
Missmutig schmiss er das Telefon aufs Sofa. Seine ohnehin nicht beste Laune steuerte unaufhaltsam gegen PlusMinusNull – er würde in die Kanzlei fahren und arbeiten. Nur so würde er auf andere Gedanken kommen, zwischen Mutter- und Sibylle-Verstrickungen musste er erstmal etwas ganz Sachliches schieben.