Lesetipp: Die Lavendelfrau von Dagmar Seifert
1. Februar 2009 von Donna
Leicht zu lesen, aber tiefgründiger Inhalt!
Klappentext: Pflichtbewusstsein und Ordnungsliebe – mit diesen Tugenden kümmert sich Kerstin um jeden Menschen und um jedes Tier in ihrer Umgebung. Dass sie selbst dabei zu kurz kommt, verdrängt sie erfolgreich – bis an ihrem vierzigsten Geburtstag ihre heile Welt zusammenbricht.. Kerstin macht einen radikalen Schnitt: Sie lässt alle Verpflichtungen sausen und fährt nach Kanada, an den Lake Huron. Dort begreift sie, dass sich jeder seine Welt und Realität selbst schafft.
Textauszug: „Einstein sagt, alles ist relativ“, begann er (Josh), „und ich sage, alles ist subjektiv. Deshalb gibt es keine Wahrheit. Keine objektive Wahrheit. Jeder lebt in seiner eigenen Welt. Es kommt immer auf den Blickwinkel an. Ich sage, diese Suppe ist köstlich. Du stimmst vielleicht zu, weil du gut erzogen bist, aber du findest sie scheußlich. Ist sie in Wahrheit köstlich oder scheußlich? Wir können noch viel mehr davon kochen und eine Volksabstimmung machen, doch es bleibt eine Sache des persönlichen Geschmacks, der persönlichen Ansicht. Viele Menschen glauben, diese Schauspielerin, diese Michelle Pfeiffer, wäre eine Schönheit. Ist sie das? Mein Kusin Harvey glaubt, seine Frau Ruth sei eine Schönheit. Er ist fest überzeugt davon. Ich finde, sie sieht grauenhaft aus. Aber das ist ja gleichgültig. Verschiedene Religionen – verschiedene politische Ansichten -, die Menschen denken jeweils, sie hätten die Wahrheit beim Wickel und jetzt käme es nur noch darauf an, alle anderen ebenfalls davon zu überzeugen… Manchen Menschen fällt das niemals auf. Wenn Harvey das mitkriegt, dass jemand anders über den dicken Hintern seiner Frau lästert, dann ist er vollkommen überzeugt davon, da spräche der reine Neid, und in Wirklichkeit verzehrte sich derjenige nach Ruths Hintern. Er ist ein glücklicher Mann. Er hat keinen Schimmer davon, dass es unterschiedliche Welten gibt, und er wird es nie merken. Sollte er eines Tages in eine andere Welt geraten und ihm fällt auf, wie Ruth wirklich aussieht – und wie sie wirklich ist -, dann wird er meinen, sie habe sich eben verändert. Auf diese Art behält er immer Recht. Solche Menschen sind überzeugt davon zu den Guten zu gehören. Die mit der anderen Meinung sind die Bösen. Meistens gehen sie sogar so weit, zu denken, die Bösen wüssten, wie böse sie sind und täten ganz bewusst Böses. Wenn du ihnen sagst, dass die anderen ihrer Meinung nach auch gut sind und Gutes wollen, begreifen sie nicht, wovon du redet. Solche Menschen haben es leicht, ihre Welt ist einfach. Sie entwickeln sich natürlich niemals weiter…“
Wie Kerstin es schafft, sich tatsächlich eine andere Welt zu erschaffen, das ist der nicht immer schmerzfreie Prozess der Bewusstwerdung und Umsetzung der Erkenntnisse.
Die Lavendelfrau Dagmar Seifert Knaur Taschenbuch Verlag ISBN: 3-426-62312-9