Paare: Lavendelehe
13. Dezember 2008 von Donna
Sie hatte ganz ruhig zugehört, ohne auch nur einen Ton zu sagen. Schweigend sah sie mich an. “Dann sind wir jetzt sozusagen verlobt?”, fragte sie zaghaft. “Naja, so in der Art, wir werden sehr schnell heiraten”, antwortete ich geschäftsmäßig kühl. “Und Kinder?” – “Keine Kinder”, gab ich knapp zurück. Sie senkte ihren Blick und ich hörte ein kaum vernehmbares OK. Sie war bereit, die finanziellen Vorteile und das gesellschaftliche Ansehen, das sie durch dieses Arrangement genießen würde, gegen ihre ursprungliche Lebensplanung einzutauschen.
Ich war erleichtert. Endlich würden meine Eltern zufrieden gestellt sein. Nachdem ich in das Geschäft meines Vaters als Juniorchef eingestiegen war, wurden ihre Forderungen immer vehementer: Du brauchst eine Frau an deiner Seite, du brauchst sie zum Repräsentieren, du brauchst eine eigene Familie… Sie wussten nicht, was ich wirklich brauchte, denn schon seit Jahren gab es ihn, meinen Lebensgefährten. Wie so viele Homosexuelle führten wir ein Leben im Verborgenen – meist an den Wochenenden in Holland. Sich zu outen, das wäre für uns beide niemals in Frage gekommen. Eine Scheinehe war in meiner Lage die einfachste Lösung.
So hatte ich nach der Eheschließung zwei Leben. Wir galten jahrelang als glückliches Paar. Was sich außerhalb der Öffentlichkeit zutrug, ging niemanden etwas an. Eine innige Freundschaft verband uns, wir konnten uns aufeinander verlassen.
Aber auch sie hatte zwei Leben. “Ich bin schwanger”, teilte sie mir eines Abends mit, “du weißt, dass das durchaus vorkommen kann, wenn man so viele Jahre verheiratet ist. Es wird sich für dich nichts ändern, das verspreche ich dir, aber mir ist es unendlich wichtig.” Beide schwiegen wir eine Weile. “Es war anders abgesprochen…”, begann ich, nachdem ich mir einen doppelten Brandy genehmigt hatte und mir eingestehen musste, dass ich das erste Mal Angst hatte, sie zu verlieren. Große Angst. Ich durfte jetzt keinen Fehler machen. “…dann werde ich mich schnell mit dem Gedanken anfreunden, dass ich Vater werde.” Erleichtert nickte sie. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht und ich umarmte sie voll ehrlicher Zuneigung.
Unsere Tochter wurde im Oktober geboren. Mein Lebensgefährte verließ mich im Dezember kurz vor Weihnachten. Nein, es gab keinen anderen, er verstarb plötzlich an den Folgen einer Hirnblutung – und ich war nicht bei ihm. Aber sie war bei mir, als ich die schreckliche Nachricht erhielt. Ich war wie gelähmt vor Schmerz, konnte es nicht fassen, sank auf das Sofa und vergrub mein Gesicht in den Händen. Sie setzte sich ganz still neben mich und berührte nur leicht meinen Arm. So verharrten wir lange, bis sie sagte: “Du bist nicht allein – du hast doch uns.”