Herr Moppelmann – mo 15
7. Juli 2010 von Donna
Heinz Werner konnte seinen analytischen Verstand trotz anhaltender Verliebtheit nicht ausschalten. Seine Gedanken waren zu oft bei Marlene, einer Frau, die endlich mal auf Augenhöhe mit ihm war, die zärtlich und hingebungsvoll war, witzig, schlagfertig und mitten im Leben stand – aber leider nicht inmitten seines Lebens.
Ihr Zusammensein beschränkte sich anfänglich auf jedes zweite Wochenende – da war Josh bei seinem Vater und Marlene bei ihm in Hamburg. Herrlich! Dann sahen sie sich jedes Wochende – er hatte Josh kennen gelernt und schmerzlich erfahren, dass Marlene als allein erziehende Mutter ein ganz besonders inniges Verhältnis zu ihrem Sohn hat. An den „Plus-Kind-Wochenenden“ genoss er nicht wie gewohnt ihre ungeteilte Aufmerksamkeit, sondern musste sich damit abfinden, dass ein kleines quirliges und aufgewecktes Bürschchen, das kein Turboloch kannte, den Tagesablauf maßgeblich bestimmte – und die Nächte leider teilweise auch. Er hatte sich das erste Mal sehr erschrocken, als er sich nachts im Halbschlaf an Marlene ankuscheln wollte und bemerkte, dass Josh sich zwischen sie gedrängelt hatte und nun seelenruhig zwischen ihnen schlief. Einerseits war er gerührt über das Vertrauen, das ihm da entgegengebracht wurde, andererseits war es ein himmelweiter Unterschied mit der Traumfrau allein aufzuwachen oder mit der Traumfrau + dreijährigem Sohn…
Heinz Werner musste sich zähneknirschend eingestehen, dass auch die jüngere Hälfte dieses Doppelpacks sein Herz im Sturm erobert hatte, er diese Zugabe aber zunehmend als äußerst anstrengend empfand. Da blieb zu wenig Zeit für Nähe zu Marlene, da war ein kleiner Mensch, der mit seiner atemberaubenden Präsenz so viel Raum und Zeit beanspruchte, dass er sich oft unbeachtet und zurückgesetzt fühlte…
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Sibylle hatte mittlerweile drei Dates hinter sich gebracht. Ganz schön spannend war das gewesen und leider auch ernüchternd.
Kandidat eins wartete in dem verabredeten Café bereits auf sie und winkte ihr schon von Weitem entgegen. Sibylle hätte am liebsten auf dem Absatz kehrt gemacht, erblickte sie doch einen Mann, der mindestens 10 Jahre älter war als auf den Fotos und in dieser Zeit sichtlich zu einem Opa-Typ mutiert war. Gut erzogen, wie sie war, trank sie einen Kaffee mit ihm, plauderte höflich und oberflächlich, entzog ihm ihre Hand, die er bereits nach wenigen Minuten ergriffen hatte, und hörte nur mit halbem Ohr hin, was er alles erzählte, da sie krampfhaft überlegte, wie sie sich schnell und elegant verabschieden könnte. Nach einer knappen halben Stunde nutzte sie eine kleine Redepause ihres Gegenübers, sagte, dass sie das Gefühl habe, dass es mit ihnen einfach nicht passen würde, stand abrupt auf, bezahlte die gesamte Rechnung am Tresen und verließ das Café, ohne sich überhaupt noch einmal umzudrehen.