Beitrag von Donna zum Schreibprojekt im Mai 2010
29. Mai 2010 von Donna
Perfekt! Alles lief wie am Schnürchen…Mit dieser Erfindung würde er groß rauskommen. Nur noch wenige Testläufe und ein sensibles Feintuning waren notwendig, um das Patent anzumelden und das revolutionäre Produkt, um das sich die Menschen reißen würden, auf den Markt zu bringen.
Jahrelang hatte er mit wechselndem Erfolg an der „Comfortessa“ gearbeitet, einem 1,5 Meter breiten Kleiderschrank, in den man schmutzige Kleidungsstücke – auch mit Schuhen hatte er gute Erfahrungen gemacht – reinhängen und nach kurzer Zeit absolut sauber, keimfrei, knitterfrei und frisch duftend herausnehmen konnte. Das Prinzip war denkbar einfach, kam ihm doch die von ihm entwickelte Waagerecht-Senkrecht-Technik, basierend auf der Molekularfluktuation, der Resonanzvernebelung und der delokalisierten Dipolkraftverstärkung zu Hilfe.
Es war schon weit nach Mitternacht, als er den letzten Testlauf auswerten wollte. Er öffnete den Schrank, in den er vor ein paar Minuten die Sportsachen seiner beiden Jungen gehängt hatte und war mehr als zufrieden. Aber er stutzte, als er die Hose vom Bügel nahm, sie hatte deutlich an Gewicht zugenommen, was nach genauerer Untersuchung daher rührte, dass sich in der linken Tasche eine gute Handvoll 10-Cent-Stücke befand. Er zählte nach und kam genau auf die Zahl 101. Nanu? Als wirklich aufmerksamer Wissenschaftler war er es gewohnt, mit Lichtgeschwindigkeit zu kombinieren… Es kam für ihn nur die Möglichkeit in Frage, dass ein einzelnes vergessenes Geldstück sich in diesem energetischen Reinigungsfeld nicht den Bedingungen anpasste, sondern sich durch magnetisches Anomalieverhalten zu vermehren begann. Um die Hypothese zu überprüfen, steckte er er eine Münze in die Hosentasche, startete den Vorgang – und konnte mit Erstaunen feststellen, dass er richtig gelegen hatte. Der Faktor 100 blieb konstant auch bei den Euromünzen, die mehrere vermehrungswütige Testläufe über sich ergehen lassen mussten.
Als er sich im Morgengrauen ganz sicher war über die zusätzlichen Eigenschaften seines Reinigungskleiderschrankes, war an Schlaf nicht zu denken. Diese Erfindung musste geheim bleiben, unter keinen Umständen durfte jemand davon erfahren. Schade, dass die „Comfortessa“ niemals auf den Markt kommen würde… Er dachte an all die Arbeitserleichterung und die Verminderung der Umweltbelastungen, aber der eigene Vorteil war ihm so wichtig, dass er das alles schnell vergaß.
In seiner Gier wurde er so unvorsichtig, dass er mit beiden Händen die ganzen bisher produzierten Münzen in den Schrank häufte, die Beduftungsfunktion ausschaltete – denn Geld stinkt ja nicht! – aber zusätzlich den kovalenten Redox-Wasserstoffgleiter hochfuhr. Ein beherzter Knopfdruck auf den Startknopf und das vertraute leise Betriebsgeräusch war zu vernehmen, das langsam immer lauter wurde, bis ein ohrenbetäubender Lärm das ganze Haus erbeben ließ. Der Schrank vibrierte so stark, dass er anfing, sich selbständig zu machen und sich ruckartig hüpfend durch das Labor bewegte. Mittlerweile war er bedenklich ausgebeult, auch ein Laie konnte sehen, dass da im Inneren etwas an Volumen zunahm, das sich definitiv seinen Weg nach draußen suchen würde, es war nur noch eine Frage der Zeit… Zeit… Zeit. Sie rann, unaufhaltsam. Plötzlich die Explosion begleitet von einem lauten Knall!! Und dann schleuderte der Schrank mit der Vehemenz eines heftigenVulkanausbruchs seinen Inhalt heraus. Es war ein Geldregen, von dem der begnadete Comfortessa-Erfinder erschlagen wurde. Die Rettungsmannschaft fand ihn erst nach stundenlangem Geldschaufeln – von diesem Einsatz sprachen sie noch lange, denn so etwas hatten sie noch nie erlebt.