Adventsbasar – Der vierte Keks
4. Dezember 2009 von Donna
Der vierte Keks
In der zweiten großen Pause, also nach der vierten Stunde, warteten sie schon vor dem Lehrerzimmer auf mich – die Klassensprecherin, Jacqueline, die ganz verweint aussah, und fünf andere Mädchen. Wir zogen uns zurück in ein leeres Klassenzimmer und was ich dann erfuhr, war grausam. Tatsächlich hatten die anwesenden Mädchen Jacqueline schon seit längerem auf dem Kieker und machten ihr das Leben schwer. Schon mehrere Tage vor unserer Adventsbäckerei hatten sie zu ihr gesagt: „Wenn du nicht in den Teig spuckst, machen wir dich fertig!“ – Und Jacqueline hatte es dann getan vor lauter Angst. Allerdings hatte sie den Mut aufgebracht, sich der Klassensprecherin anzuvertrauen, die alles Weitere auf ihre eigene couragierte Art in die Hand genommen hatte bis zu unserem gemeinsamen Gespräch.
Ich sah in sechs schuldbewusste Augenpaare und wusste, dass ich jetzt mit einer Standpauke nicht weiterkommen würde. „Und, habt ihr schon über eine Wiedergutmachung nachgedacht?“, fragte ich, als ich soweit war, mit einer normal klingenden Stimme zu reden. Die Mädels nickten eifrig und unterbreiteten mir ihren Plan: „Also, wir haben uns überlegt, dass wir das gar nicht mehr schaffen werden, solch eine Menge Kekse noch einmal zu backen, aber wir könnten einen Stand mit Weihnachtsmuffins machen. Wir bezahlen allen, die am Donnerstag backen und am Freitag pünktlich liefern, die Zutaten – und wir selbst, wir werden natürlich Muffins produzieren, bis wir tot umfallen – versprochen! Die Hauptsache ist, dass Sie unsere Eltern nicht anrufen…“
„Nein, ich werde eure Eltern nicht anrufen, weil ihr ihnen haargenau erzählt, was vorgefallen ist. Und dann werden eure Eltern mich anrufen. Die Angelegenheit ist zu ernst, als dass wir da so einfach ein paar Muffins drüber zerbröseln und hoffen, dass eine Puderzuckerschicht alles zudeckt. Habt ihr mich verstanden?“ Die Mädchen nickten zerknirscht. „Wir gehen jetzt gemeinsam in eure Klasse, um die anderen in Kenntnis zu setzen und dann hoffe ich nur, dass wirklich alle mit dieser Situation gut umgehen werden und es nicht zu weiteren Anfeindungen kommt.“
Ich wusste, dass ich zu spät zum nachfolgenden Unterricht erscheinen würde und dass der Fachlehrer die Störung zu Beginn seiner Stunde nicht gutheißen würde. Egal, das hatte jetzt Vorrang. Schule hat viel zu wenig Raum für all diese menschlichen Dinge, die auch geklärt werden müssen.