Beitrag von FRANCIS zum Schreibprojekt im Juni 2010
26. Juni 2010 von Donna
Von Leidenschaft zu sprechen, war vielleicht nicht angemessen. Sie hatte sich an ihn gewöhnt in all diesen Jahren, mehr nicht. Nicht mehr?
Kein leises Kribbeln mehr in der Magengegend, wenn sie ihn anschaute, ihn berührte, ihn ab und zu zärtlich liebkosend …nein, es war noch nicht vorbei mit ihnen, aber das Ende schien in Sicht.
Er hatte in letzter Zeit auch verdammt Federn gelassen – lassen müssen, war oftmals überanstrengt, keuchte ab und an, sodass sie ihm nichts Großes mehr zumuten wollte. Deshalb schonte sie ihn, verlangte ihm keine Leistung mehr ab und schielte ab und an neidisch auf seine Kollegen…wow!!!
Aber nein, nein, nein. Sie durfte ihn nicht verraten, er war ihr all die Jahre hindurch treu geblieben und das war doch das einzige, was im Leben wirklich zählte, oder???
Na, so ein kleines Abenteuer vielleicht. Wieder blickte sie sehnsuchtsvoll zu den Kraftprotzen auf der anderen Seite der Straße. Da standen sie, sahen sie herausfordernd an, einige blickten fast schon hämisch drein. Sollte sie sich wirklich auf dieses Abenteuer einlassen? In ihrem Magen kribbelte es jetzt schon ein wenig – Spannung machte sich breit bei dem Gedanken, was sie eventuell erwarten durfte.
Sie konnte die Entscheidung heute und jetzt nicht treffen, der Verrat schien allzu groß zu sein.
Sie würde sich mit ihrer besten Freundin beratschlagen, ihr Rat war bisher immer verlässlich und gut gewesen. Glücklicherweise war diese zu Hause und natürlich auch gesprächsbereit – so ein kleiner Plausch war ja auch abwechslungsreich.
Sie klingelte an ihrer Tür und berichtete von ihren Sorgen – soll ich? Soll ich nicht?
„Was spricht schon dagegen?“, fragte Tina, die ihre roten Haare in einem dicken Zopf zusammengebunden hatte und irgendwie ziemlich verrucht aussah. „So ein kleines Abenteuer wird dir Günther nicht Übel nehmen!“ „Aber was ist, wenn er danach gar nicht mehr kann?“, fragte sie kläglich. „Er hat ja jetzt schon Atemnot bei jeder Überanstrengung!“ „Du solltest Anton wirklich testen. Er hat so was Animalisches. Bestimmt ein ganz interessanter Typ!“ Tina gab sich alle Mühe, die Zweifel und Bedenken ihrer Freundin zu zerstreuen.
„Ach, ich weiß nicht. Es könnte Günther verletzten und das wäre das Schlimmste, was ich ihm antun könnte, wo er doch so lieb gucken kann – und er ist immer so bemüht und eigentlich muckt er ganz selten rum…nur dann, wenn ich es wirklich zu doll treibe mit ihm.“
„Paperlapapp. Probier es aus. Tu es einfach! Günther wird dich verstehen! Schließlich hat er ein gutes Herz – wie ein Löwe sozusagen!“
Sie drückte ihr nachdrücklich die Autoschlüssel des neues Mercedes, den sie sich kaufen wollte und der zur Probefahrt angemeldet war, in die Hand.
Sie blickte auf die Straße und sah Günther dort unten stehen. Etwas klein, schäbig, traurig schien er dreinzublicken. Etwas matt sah er schon aus, auch wenn sie sehr bemüht war, sein Äußeres zu pflegen, er war eben doch schon etwas betagt.
Nein, sie brachte es einfach nicht übers Herz, den kleinen Golf gegen den großen Mercedes einzutauschen. Das hatte Günther nicht verdient! Gleich morgen würde sie die Schlüssel wieder zu dem Autohaus bringen – die Entscheidung war gefallen. Von dem Geld würde sie Günther eine Motorüberholung und eine Lackierung gönnen.
Sollten die Kraftprotze doch bleiben, wo sie waren.
Beschwingt ging sie die Treppe hinunter und startete den Motor – irgendwie hatte sie das Gefühl, dass der Kleine zufriedener blubberte als sonst. Nun fehlte ihr nur noch der passende Mann, der ihren Irrsinn mitmachte…einem Auto einen Namen zu geben…bedenklich!!!